Erlebtes in der Vergangenheit belassen - Hilfe für psychisch belastete Geflüchtete im Kirchenkreis Hittfeld
Hittfeld. Wenn sie ihre Augen schließen, kehren die Bilder zurück. Die Bilder des Krieges, der Toten, der Flucht, der Todesangst. „Keiner von ihnen kann mehr als zwei bis drei Stunden in der Nacht schlafen“, sagt Ania Luppe. Sie ist Diplom-Psychologin und hilft Geflüchteten, die durch ihre Erlebnisse psychisch stark belastet sind. Nach zwei Beratungsgruppen in Tostedt und Jesteburg hat sie nun auch in Buchholz Geflüchteten geholfen.
„Der Kirchenkreis Hittfeld hat 10.000 Euro aus Sondermitteln der Landeskirche für Flüchtlingsarbeit für die Arbeit mit psychisch belasteten Personen zur Verfügung gestellt, und Ania Luppe hat ein Konzept für ein Gruppenangebot entwickelt, das wir als Pilotprojekt flexibel im Kirchenkreis anbieten konnten“, sagt Dörthe Heien, die ehrenamtlich Mitarbeitende in der Flüchtlingsarbeit betreut.
Der Bedarf ist groß. Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Nur trauen sich viele Geflüchtete nicht, sich zum Kurs anzumelden: „In ihren Kulturkreisen spricht man nicht über psychische Belastungen, das ist ein Tabu.“ Umso mehr freut es die Psychologin, dass sie für den Buchholzer Kurs einen Dolmetscher zur Seite hatte: „Ignatius Kaspo ist selbst aus Syrien geflüchtet, er ist medizinisch ausgebildet und spricht arabisch, englisch und deutsch“, sagt Ania Luppe. Sie fordert die Geflüchteten nicht auf, über Erlebtes zu sprechen. „Eine Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse kann nur in einer Psychotherapie erfolgen und würde den Rahmen des Gruppenangebots sprengen“, sagt Ania Luppe. Sie spricht mit ihnen über ihre Symptome, Leiden, Schmerzen und Ängste.
Schlafstörungen, Alpträume, Konzentrationsprobleme und auch körperliche Schmerzen zählen zu den häufigsten Symptomen. „Schlafstörungen haben alle. Wenn Geist und Körper in der Nacht zur Ruhe kommen, dann ist Raum für furchtbare Erinnerungen, die sie erneut hilflos machen und überwältigen. Sie haben daher häufig Angst einzuschlafen“, sagt Ania Luppe. Viele von ihnen klagen über Kopfschmerzen, Verspannungen und Haut- und Magenprobleme. Erst im Kurs erfahren sie, dass dies auch psychische Ursachen haben kann. Ania Luppe zeigt ihnen Entspannungs- und Atemübungen, damit sie lernen, ruhiger zu werden.
Hadi Bahlok ist vor zweieinhalb Jahren aus dem Libanon geflohen und wohnt in Jesteburg. Er arbeitet als Küchenhilfe im Lindenhof in Marxen: „Für nächstes Jahr hat man ihm eine Ausbildung zum Koch angeboten“, freut sich Ania Luppe. Außer seiner Arbeit in der Küche geht er an vier Tagen zum Deutsch-Kurs und dem Treff für traumatisierte Geflüchtete. „Ich bin dankbar für die guten Informationen und Übungen, das hat mir geholfen, mich zu entspannen. Ich habe jetzt verstanden, worunter wir leiden und woher unsere Symptome kommen“, sagt Hadi Bahlok.
Khalil Mohammed-Ali ist seit drei Monaten in Deutschland. Er ist aus dem Sudan über Frankreich nach Deutschland gekommen. „Ich wusste nicht, dass physische Schmerzen auch in der Psyche ihre Ursachen haben können und dass ich es durch Gedanken und Gefühle kontrollieren kann, indem ich versuche, dass das Vergangene in der Vergangenheit bleibt“, sagt Mohammed-Ali.
Das ist genau das Ziel der Traumabehandlungen: „Dass der Betroffene lernt, die überwältigenden Erinnerungen und die damit verbundenen Gefühle in der Vergangenheit zu belassen, diese lernt zu akzeptieren und zu kontrollieren, um in der Gegenwart zu leben und positiv auf die Zukunft zu blicken. Das braucht Zeit und möglichst weitere professionelle Unterstützungsangebote für Menschen, die sich diesen Herausforderungen eines neuen Lebens nach erlebtem Trauma stellen müssen“, sagt Ania Luppe.
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